Der gelernte Zahnarzt Stefan Vomhof interessierte sich schon als Kind für die Heimatgeschichte. Er berichtete im Rahmen unseres Projektunterrichts bei Frau Edelmann, welcher sich mit dem jüdischen Leben in Gladenbach beschäftigt, von seinem Buch „Es ist alles auch hier passiert“ und davon, wie er dazu kam, dieses zu schreiben.
Seine Eltern sprachen vom Nationalsozialismus, als wäre er nur in den Städten ein großes Problem gewesen. Schon früh sammelte er alles an Zeitungsartikeln und Berichten, was er finden konnte. Er habe sein ganzes Leben auf ein Buch gewartet, das über das Leben der Juden im Lahn-Dill-Kreis und den Nationalsozialismus berichtet, allerdings habe nie jemand dieses Buch geschrieben, so Stefan Vomhof. Deshalb entschied er sich daraufhin, diese Aufgabe selbst zu übernehmen.
Er las unserem Kurs einige Passagen aus seinem Buch vor und im Nachhinein durften noch Fragen gestellt werden. Er berichtete beispielsweise, dass der Gewaltausbruch in Gladenbach erstaunlich früh startete und es sogar drei Pogrome gab. Gladenbach und seine Umgebung waren zu dieser Zeit politisch weit rechts einzuordnen. Einzig Weidenhausen war ein sozialdemokratisches Milieu.
Wir sprachen auch über Schicksale von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern. Besonders erschreckend war die Geschichte seines Jugendfreundes, der zufällig auf einem Friedhof erfahren musste, dass sein Großonkel, von dessen Existenz er nie zuvor gehört hatte, mit Trisomie 21 der Euthanasie zum Opfer gefallen war. Dieser war zu Beginn der NS-Herrschaft in einem Krankenhaus von Pflegerinnen und Pflegern zu Tode „gepflegt“ beziehungsweise gespritzt worden. Zu diesem Zeitpunkt war die systematische Tötung von Menschen mit Behinderung noch nicht verstaatlicht, und die Pflegenden handelten aufgrund der Ideologie der Nationalsozialisten aus eigenem Antrieb.
Außerdem sprachen wir über einen Neurochirurgen aus Dillenburg, der die Hirne der Euthanasieopfer für Forschungszwecke nutzte. Zum Schluss betonte Stefan Vomhof, dass er nicht der Meinung sei, dass sich Geschichte wiederhole, aber durchaus einige Strukturen. Den größten Unterschied sehe er darin, dass es früher kaum überzeugte Demokraten in Gladenbach gegeben habe und die Menschen an eine Zukunft mit einem autoritären Regime geglaubt hätten.
Unser Kurs empfand die Lesung aufgrund der anschaulichen Erzählweise als sehr interessant und lehrreich.






